„Die Zeichen der Zeit erkennen!“ - Nachruf für Weihbischof Norbert Werbs
Weihbischof em. Norbert Werbs (1940-2023)Foto: Erzbistum Hamburg
Seine Detailkenntnisse, sein Bemühen um die Einheit von Caritas und Pastoral und seine geistlichen Impulse haben tiefe Spuren hinterlassen. Vielleicht können einige ‚Schlaglichter‘ die Größe seines Vermächtnisses andeuten:
- Weihbischof Werbs hat uns vor allem gelehrt, die Zeichen der Zeit - und zwar rechtzeitig - zu erkennen! Was heißt das konkret? Die Kirche musste sich in einer Zeit behaupten, in der Atheismus Staatsdoktrin war. Weihbischof Werbs trat stets dafür ein, Vernunft und Glaube nicht auseinander zu reißen. Sein Vorbild ‚intellektueller Redlichkeit‘ ragt auch in unsere Zeit hinein.
- Strukturfragen sind wichtig. Wichtiger waren (und sind!) Fragen, in denen es um das ganz konkrete Leben des Glaubens vor Ort geht, um das, was Glaubensvollzüge fördert und was sie hemmt. (Stichwort: Mystagogische Pastoral) Im Wirkungsbereich von Weihbischof Werbs war das offene Pfarrhaus selbstverständlich, fanden Beratungen der Caritas in Räumen der Kirche statt und gab es durch Seelsorgehelferinnen und Katecheten ein ausreichendes personales, pastorales Angebot vor Ort.
- Die ‚bewährten Männer‘ (und Frauen!) kannte man sehr genau. In vielen Bereichen kirchlichen Lebens gab es darum schon eine Pastoral, die sich eher an den Gaben und Möglichkeiten der Gläubigen als an einer ‚priesterzentrierten Perspektive‘ orientierte. Zu denken ist beispielsweise an Erfahrungen in der ‚Messdienerausbildung‘, an Gruppenleiterschulungen in katholischen Jugendhäusern, an theologische Fernkurse. Hier ermutigte und inspirierte Weihbischof Werbs nachhaltig mit seinen geistlichen Impulsen.
- Ob in der Vertreterversammlung der Caritas oder in den Dekanatspastoralkonferenzen, stets fragte Weihbischof Werbs mit großer Beharrlichkeit nach Grundlinien, Inhalten, Zielen. Wo soll es hingehen? Was ist beabsichtigt? Vielleicht würde er heute fragen: Wie sieht ein kirchliches (Grund -) Konzept für das Leben unter derzeitigen gesellschaftlichen Verhältnissen aus? Welche Strategie der Caritas gibt es für neue Nöte und Sorgen?
- Wenn heute in der Caritas über Leitungsfragen gesprochen wird, sollte man vor allem auch die Überlegungen der Dresdner Pastoralsynode zur "Sachgruppe Diakonie" beachten. Vieles, worüber wir heute mühsam nachdenken, ist dort bereits vorgedacht worden. Weihbischof Werbs hat auch dort seine Spuren hinterlassen.
Das Leben der Christen im Bereich des Bischöflichen Amtes Schwerin wurde und wird als Glaubenszeugnis heute und morgen für den Weg der Kirche in Deutschland fruchtbar sein - weil es kein Provisorium war. Dabei war Weihbischof Werbs ein ebenso unauffälliger wie treuer und untrüglicher Wegbegleiter.
Rudolf Hubert
Referent für Caritaspastoral
Schwerin, den 09.01.2023